Die Waldenser sind eine christliche Gemeinschaft, die sich im 16. Jahrhundert der Reformation angeschlossen hat, auch wenn ihre Geschichte sehr viel weiter zurückreicht
Ihr Name geht auf Petrus Valdes, einen reichen Kaufmann aus Lyon zurück, der um 1170 seinen Besitz aufgab und begann, nach dem Vorbild der Apostel das Evangelium zu predigen. So entstand die Bewegung der Armen von Lyon, die Besitzlosigkeit praktizierte und Gewalt und Kompromisse mit den Machthabern ablehnte, um getreu nach der Bibel zu leben. Dadurch wurde eines der Fundamente der kirchlichen Autorität in Frage gestellt wurde: der Bischof. Die Bewegung verstreute sich nach der Exkommunikation durch die römische Kirche und ihre Anhänger konnten mehr als drei Jahrhunderte lang nur im Geheimen wirken. Im 17. Jahrhundert wechselten sich in den Waldensertälern Perioden von Frieden und Verfolgung durch die savoyischen Herrscher und die Inquisition ab. 1685 wurde das Edikt von Nantes aufgehoben und die Hugenotten aller Rechte beraubt. Die Savoyer, Verbündete des Sonnenkönigs, stellten die Waldenser vor die Wahl abzuschwören, zu sterben oder ins Exil zu gehen: Viele Waldenser verschwanden in den Kerkern des Piemont, andere wählten das Exil. Aber schon drei Jahre später konnten 900 von ihnen als Folge der internationalen Entwicklungen zurückkehren. Diese Episode ist als „Glorreiche Rückkehr“ bekannt.
150 Jahre lang mussten die Waldenser in ihren Tälern verharren, niedergedrückt von einer Reihe von Dekreten, die 1730 in einem Edikt versammelt wurden. Die Französische Revolution und Napoleon gewährten eine kleine Pause, die 1814 ein Ende fand, als nach Napoleons Fall auch im Piemont die monarchische und katholische Restauration Einzug hielt. Erst mit dem von Karl Albert erlassenen Edikt vom 17. Februar 1848 wurden die Waldenser zu freien Bürger im Besitz sämtlicher Rechte. Nach 1848 konzentrierte sich die Waldenserkirche auf kulturelle und soziale Projekte: Die zahlreichen im 19. Jahrhundert geschaffenen Einrichtungen (Schulen, Krankenhäuser, Altersheime, Kulturzentren) wurden im Laufe der Jahre erweitert und modernisiert und heute existieren überall in Italien kulturelle und soziale Institutionen, die tief im Territorium verwurzelt sind.
Derzeit gehören ca. 30.000 Italiener der Waldenserkirche oder der methodistischen Kirche an, davon leben ca. 15.000 im Piemont. Sie sind synodal organisiert, das heißt, jede Gemeinde wird von einem von der Versammlung der Gläubigen gewählten Rat geleitet und die Gesamtkirche von einer Synode. Die Kirchenämter (Pfarrer und Diakone) stehen verheirateten oder ledigen Männern und Frauen offen. Der ökumenische Dialog mit den anderen Konfessionen zeichnet die Waldenser seit jeher aus und sie gehören nationalen und internationalen ökumenischen Organisationen an. Die Waldenser treten für die Trennung von Kirche und Staat ein und lehnen das Konkordat ab. Die Beziehungen zum Staat sind durch 1984 getroffene Vereinbarungen geregelt, die keinerlei Privilegien für die Waldenserkirche vorsehen. Die mit der Religionsausübung verbundenen Kosten werden aus den Beiträgen der Mitglieder bestritten; die Mandatssteuer (Otto per mille) zugunsten unserer Kirche wird ausschließlich für soziale und kulturelle Projekte oder Entwicklungshilfeprojekte eingesetzt.